Bild eines Wissenschaftlers - Porträt Philipp Röse

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Dr. Philipp Röse arbeitet an der elektrokatalytischen Synthese von Chemikalien und Energieträgern aus Kohlendioxid, CO2.
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Im Labor der Gruppe Elektrokatalyse/Elektrosynthese werden Katalysatoren untersucht, die eine effiziente und selektive stoffliche Nutzung von CO2 ermöglichen
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Dr. Philipp Röse: "Unser Interesse gilt dabei weniger der Katalysatorsynthese als vielmehr den elektrochemischen Reaktionen an der Fest-Flüssig-Grenzfläche an Elektroden"
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Dr. Röse charakterisiert die Oberflächenstruktur der eingesetzen Elektroden mittels hochauflösender tomografischer und mikroskopischer Verfahren

Der Umwandlungskünstler

„Wenn du es nicht deiner Großmutter erklären kannst, hast du es nicht richtig verstanden.“ Dieser Satz wird Albert Einstein zugeschrieben – ob er ihn nun wirklich gesagt hat oder nicht, es steckt viel Wahres darin. Der Chemiker Dr. Philipp Röse vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) jedenfalls kann sein Thema „Kohlendioxid-Reduktionsreaktion an Elektrokatalysatoren auf Kupferbasis“ kurz und verständlich erläutern: „Wir wandeln Kohlendioxid in Kraftstoffe und wertvolle Chemikalien um, und zwar mithilfe von Strom. Für diese elektrochemische Umwandlung verwenden viele Wissenschaftler wasserbasierte Systeme. Wir hingegen arbeiten in einem organischen Milieu. Davon erhoffen wir uns eine gezieltere Umwandlung.“ Mit „wir“ bezieht sich der 34-Jährige auf die von ihm geleitete Gruppe Elektrokatalyse/Elektrosynthese am Institut für Angewandte Materialien – Elektrochemische Technologien (IAM-ET) des KIT. Wie kann die von den Karlsruher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erforschte Kohlendioxid-Reduktionsreaktion zu Klimaschutz und Energiewende beitragen?

CO2 lässt sich für Treibstoffe und Chemikalien nutzen

Kohlendioxid (CO2) ist weithin als klimaschädliches Treibhausgas bekannt. Daher gilt es, CO2-Emissionen in die Atmosphäre zu reduzieren, um das Klima zu schützen. Zugleich lässt sich CO2 aber auch als Kohlenstoffquelle betrachten und erschließen, um daraus synthetische Treibstoffe oder Plattformchemikalien zur Weiterverarbeitung in der Industrie herzustellen. „Meine Vision ist, dass es in rund 20 Jahren möglich sein wird, so viel Kohlendioxid einzufangen und wiederzuverwerten, dass das Klima dadurch wesentlich entlastet wird“, sagt Philipp Röse. Die ökologische Chance der sogenannten Carbon Capture and Utilization Technologies besteht vor allem darin, fossile Rohstoffe in Energieträgern und Materialien zu ersetzen. Die mit solchen Technologien hergestellten synthetischen Kraftstoffe lassen sich mit der vorhandenen Infrastruktur nutzen; überdies können sie als Zwischenspeicher für überschüssigen Strom aus erneuerbaren Quellen wie Sonne und Wind dienen.

Elektrokatalyse bewegt widerspenstiges Molekül zur Reaktion

Um eine möglichst effiziente und selektive stoffliche Nutzung von CO2 zu ermöglichen, ist nach wie vor viel Grundlagenforschung gefragt. Die Herausforderungen ergeben sich vor allem aus dem niedrigen energetischen Niveau und der Reaktionsträgheit des CO2-Moleküls. Mithilfe der Katalyse lässt sich das widerspenstige Molekül zur Reaktion bewegen. Dr. Philipp Röse und seine Gruppe setzen dazu Elektrokatalysatoren auf Kupferbasis ein. Die Elektrokatalyse senkt die Aktivierungsenergie der elektrochemischen Reaktion an einer Elektrodenoberfläche. „Unser Interesse gilt dabei weniger der Katalysatorsynthese als vielmehr den elektrochemischen Reaktionen an der Fest-Flüssig-Grenzfläche an Elektroden“, erklärt Röse. „Um sie zu erforschen, kombinieren wir physikalisch-chemische Modellierungen mit experimentellen Untersuchungen im Labor.“ Eine Herausforderung besteht darin, die Selektivität der Reaktion zu steigern – diese soll bevorzugt Ethanol hervorbringen, das sich für Treibstoffe sowie als Ausgangsstoff für verschiedene Chemikalien eignet. „Wir untersuchen, welche Prozessbedingungen für die Aktivität und die Selektivität der Reaktion erforderlich sind“, erläutert der Chemiker. „Dabei geht es unter anderem um Materialien und Strukturen der Elektroden.“

Fächerübergreifender Austausch eröffnet Raum für eigene Ideen

Philipp Röse schätzt den fächerübergreifenden Austausch. Nachdem er an der Universität Marburg ein Bachelor- und Masterstudium in Chemie absolviert und promoviert und zwischendurch einen Forschungsaufenthalt an der Universität Lund/Schweden verbracht hatte, wirkte er als Laborleiter am Institut für Energie- und Systemverfahrenstechnik (InES) an der TU Braunschweig. „Dort waren meine Aufgaben nicht auf die Chemie beschränkt, sondern reichten in die Ingenieurwissenschaften hinein.“ Im April 2020 kam er ans KIT. Derzeit arbeitet er an seiner Habilitation und betreut fünf Doktorandinnen und Doktoranden. Er lobt die offene Kultur und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Disziplinen. „Dies eröffnet den Raum, eigene Ideen zu verwirklichen.“

Text: Dr. Sibylle Orgeldinger